Aus Kaufhof wird Stadthof. Das ist der Weg, den Hanau geht. Ähnlich wie in vielen anderen Städten, auch in Mannheim, ist die Insolvenz von Galeria Kaufhof Sinnbild für Veränderungen in der Innenstadt. Wie es in Hanau mit der Transformation vorangeht, das interessierte das Teamvon FutuRaum und Vertreter des Einzelhandels. Petar Drakul, Leiter von FutuRaum und Innenstadtbeauftragter, zog nach dem Tag Hanau das Resumée: „Hanau hat bereits viel erreicht, weil Politik, Verwaltung und Handel gemeinsam an der Innenstadtentwicklung arbeiten.“
Von links: Die künftige Galeria Kaufhof in Hanau; die wallonisch-niederländische Kirche, zwei Hanauer Gestaltungsprojekte
Mit der Galeria Kaufhof muss Hanau schon die zweite Aufgabe eines großen Kaufhauses verkraften. Das Karstadt-Kaufhaus ist inzwischen ein beliebter Bürger-Anlaufpunkt, in dem unter anderem eine hochmoderne Stadtbibliothek untergebracht ist. Ein wesentlicher Fokus liegt derzeit auf Galeria Kaufhof am Marktplatz, deren Schließung am 13. März 2023 verkündet und die zum 13. Januar 2024 geschlossen wurde. Einstimmig beschlossen die Stadtverordneten den Ankauf des Gebäudes durch die Stadt Hanau, die es über städtische Tochtergesellschaften selber entwickeln und betreiben will.
Unter dem Slogan „Hanau aufLaden“ läuft das Stadtentwicklungsprogramm bereits seit 2019. Der Geschäftsführer der Hanau Marketing Gesellschaft (HMG), einer 100-prozentigen Tochter der Stadt, Daniel Freimuth, präsentierte im Obergeschoss der im Umbau befindlichen Galeria Kaufhof den langen Weg der Veränderung, der die Stadt wieder eine positive Handelsbilanz gebracht habe. Beteiligt am Erfolg und Gesprächspartner*innen der Mannheimer Gruppe waren auch City Manager Norbert Schalinsky und Susanne Schmitz, die in Hanau den Titel „Headhunter für neue Ladenkonzepte“ trägt.
Plätze neu gestaltet
Seit 2010 hat Hanau die gesamte Innenstadt entlang der fünf zentralen Plätze neugestaltet. Hierzu wurde das Instrument des Wettbewerblichen Dialogs genutzt, das die Entwicklung aus einem Guss ermöglicht. Um nach dem Höhepunkt des Verfahrens, der 2015 in die Eröffnung des Forums Hanau mündete, zu verstetigen und sich weiter aktiv in die Innenstadtentwicklung einbringen zu können, hat die Stadt Hanau 2019 eine Vorkaufsrechtsatzung für die Innenstadt beschlossen – und hat sich damit entscheidenden Einfluss gesichert. Inzwischen – so Freimuth – kämen viele Eigentümer, die verkaufen wollen, von sich aus auf die Stadt zu. Auch seien die gute Zusammenarbeit mit der Immobilienwirtschaft, die kurzen Wege im Rathaus und eine plausible Strategie Erfolgsfaktoren.
Links: Entwurf für die Agora im künftigen Stadthof: Raum für Vorträge und konsumfreien Aufenthalt. Rechts im Bild: Besuch des Servicenters mit Werbung für heimische Marken: Petar Drakul von FutuRaum und Susanne Schmitz Headhunterin.
Umdenken und Kreativität sind gefragt
Um ein Umdenken im Handel zu erreichen, wozu neue Konzepte und eine stimmige und ansprechende Gestaltung gehören, gibt es zahlreiche Ansätze wie Pop-up-Modelle und attraktive Startkonditionen für Start-ups, Newcomer und kreative Unternehmer*innen. Viele der Mieter in den vorher leerstehenden Läden haben sich inzwischen fest etabliert.
Auch für das denkmalgeschützte 16.000 Quadratmeter große Areal und Gebäude der Galeria Kaufhof, für das unter anderem eine Zwischennutzungsphase bis zur Sanierung vorgesehen ist, gibt es feste Interessenten. Dort ist neben dem Einzug der Berufsakademie eine „Agora“ (zentraler Versammlungsplatz einer Stadt) geplant. Ein konsumfreier Aufenthaltsort, an dem zum Beispiel Vorträge zur Qualität von Schulranzen stattfinden sollen, mit Hinweis auf die Angebote des örtlichen Einzelhandels. Die Stadthof-Eröffnung ist für 13. März 2025 geplant.
Ein Servicecenter in der Stadt wirbt für Hanauer Marken. „Grundsätzlich haben wir zum Prinzip, dass alles, was wir planen, nicht zu einer Kannibalisierung bestehender Angebote führt“, sagt City Manager Norbert Schalinsky.
Eine Runde durch die Stadt führte unter anderem am Platz der Wallonisch-Niederländischen Kirche vorbei, der früher ein Parkplatz war und jetzt – nach einer umfänglichen Neugestaltung – unter anderem die Kulisse für einen Feierabendmarkt bietet. Besichtigt wurden auch verschiedene Neuansiedlungen, die mit dem Instrumentarium von „Hanau aufLADEN“ realisiert wurden, wie eine Filiale des Haushaltswaren-Geschäfts Lorey aus Frankfurt.
Vor der Galeria Kaufhof in Hanau. Vorne von links: Andreas Gehringer, Meriem Lebdiri, Maike Fischer (FutuRaum); Christiane Ram und Christian Ulsamer (Wirtschaftsförderung). Hinten von links: Norbert Schalinsky (City Manager Hanau), Petar Drakul (FutuRaum), Daniel Freimuth (Geschäftsführer HMG Hanau).
In der Galeria Kaufhof. Links: Daniel Freimuth mit Andreas Gehringer.
Auch Hanau setzt auf den Erlebnisraum Innenstadt
Wie in anderen Städten auch setzt Hanau auf den Erlebnisraum Innenstadt mit Kulturangeboten jeden Samstag. Hinzu kommt der Stadtgutschein Grimmscheck, der seit kurzem auch für den kleinen Sachbezug eingesetzt werden kann – Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitenden dabei einen steuerfreien Gehaltsbonus von bis zu 50 Euro im Monat, der auf den Stadtgutschein geladen wird und nur in Hanau an den inzwischen 150 Akzeptanzstellen zum Einkaufen, Essengehen oder Tanken genutzt werden kann. Auch die Präsentation bis hin zur Fassade der noch unrenovierten Galeria Kaufhof mit ansprechenden Farb-Deco-Elementen und eine Schaufenster Beratung als Pflicht für neue Ladenbesitzer gehören zum Paket.Am Ende, das bekräftigte nochmal die Headhunterin Susanne Schmitz, „zählt das persönliche Gespräch, das Dranbleiben und die Hartnäckigkeit, wenn die Transformation gelingen soll, und das ist zeit- und personalaufwändig.“
Christian Ulsamer von der Mannheimer Wirtschaftsförderung bilanziert nach dem Besuch: „Am Beispiel ‚Hanau‘ ist auf eine beeindruckende Weise zu erkennen, wie sich eine Stadt mit ursprünglich vielschichtigen Problemlagen, zu einer Best-Practice- Kommune fortentwickeln konnte. Dies war nur durch ein gelebtes bürgerschaftliches Engagement möglich.“
Die Mannheimer Delegation war beeindruckt und nahm einige Ideen gerne mit: Petar Drakul von FutuRaum und das FutuRaum-Team; Hendrik Hoffmann, Geschäftsführer der CRM-Center und Retail Management GmbH; Swen Rubel, Geschäftsführer des Handelsverbands Nordbaden; Christiane Ram, Leiterin der Mannheimer Wirtschaftsförderung sowie Christian Ulshamer, Unternehmensbetreuer bei der Mannheimer Wirtschaftsförderung.