Hier war ich noch nie! Diesen Ausruf hörten die Veranstaltenden für das Projekt STARTRAUM am Eröffnungstag des zwischenDrin-Festivals im Obergeschoss der Abendakademie öfters. Das herbstliche Kaiserwetter entpuppte sich als Projektsponsor und bot vor einem blauen Himmel mit grandiosem Sonnenuntergang den Gästen später von der Dachterrasse Einblicke in und Ausblicke auf die Stadt, die sonst eher unbekannt sind. Abseits des Trubels, entrückt vom Alltag, wehte ein laues Lüftchen, freie Sicht auf Mannheim, gepaart mit viel Hoffnung, dass Dächer Mannheims künftig Teil des öffentlichen Stadtlebens werden.
Das Festival zwischenDrin eröffnete Dr. Matthias Rauch, Leiter Kulturelle Stadtentwicklung & Kultur- und Kreativwirtschaft, NEXT Mannheim. Er stellte vor, welche Räume in Mannheims Innenstadt, die leer standen, wieder lebendig sind und wie sie genutzt werden, auch als Basis für „STARTRAUM“
Thorsten Riehle, Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur, und Petar Drakul, Innenstadtbeauftragter und Leiter von FutuRaum, warben in ihren Rede-Beiträgen für die Allianz, Leerstände in der Innenstadt kreativ und für die Öffentlichkeit auch in Zukunft stärker nutzbar zu machen.
Ein Festival das zeigt, was geht
Hinter dem zweiten zwischenDrin-Festival und seinen zehn Tagen, gefüllt mit Diskussion und kulturellen Angeboten, mit Workshops und Filmvorführungen, steckt immens viel Organisations- und Motivations-Arbeit. Die leistet ein engagiertes Team: Maximilian Frey, Projektleiter STARTRAUM, sowie Leonie Cremerius und Ben Fritsche (beide Projektmanagement Kreative Formate STARTRAUM) mit über 100 Projektbeteiligten. Das Festival kann auch als Demonstration dessen verstanden werden, dass viel geht, was die Stadt bereichert und was es wert ist, auf verlässliche Fundamente gestellt zu werden. Denn die Förderung für STARTRAUM läuft aus.
Neben einem umfassenden Kulturprogramm, das in den Tagen angeboten wird, ist der Aspekt, von anderen zu lernen, ein Kern im Programm. Dächer zum Erlebnisraum der Stadt zu machen, diese Idee lebt in vielen Städten, wie Katrien Ligt von Obenstadt e.V., Hamburg, und Dakendagen, Rotterdam, sowie Sabine Fekete, ECRN – European Creative Rooftop Network, Chemnitz, erzählten.
Auch am folgenden zweiten Festival-Tag, an dem es in den Räumen von ZeitraumExit um Zukunftskonzepte ging, wurde deutlich, wie viel sich Probleme und Chancen der Städte gleichen (siehe Bericht….).
Wertvolle Ressource „Dach“
Dächer als wertvolle, aber noch in der Regel ungenutzte Ressource, vor dem Hintergrund der Verdichtung in den Städten diese Idee überzeugt. Ohne Partner*innen geht es jedoch nicht, und das sei mitunter anstrengend, berichtete Katrien Ligt, die ihre Erfahrungen aus Rotterdam jetzt in Hamburg einbringt und dort die Dachentwicklung unterstützt. Sie gehört zu den Erfahrenen und lässt sich auch von den diffizilen Fragen in Sachen Brandschutz, Baurecht oder die richtige Ansprache der Immobilienbesitzenden nicht entmutigen. Bürokratische Hürden, von denen berichtete auch Sabine Fekete aus Chemnitz: „Es dauert und kostet viel Überzeugungsarbeit“.
Kreative Kraft einbringen
Die beiden Dachgestaltungs-Spezialistinnen Ligt und Fekete; Wolfgang Loos, stellvertretender Vorsitzender des City-Net e.V. Eigentümernetzwerks Mannheim; Marcel Hauptenbuchner, Projektentwickler, Mannheim; Helga Dieringer, Fachbereich Geoinformation & Stadtplanung, Mannheim, und Petar Drakul, Leiter FutuRaum, Mannheim, diskutieren beim abendlichen Dachgespräch über Chancen, über Begeisterungsfähigkeit und Mut zu kreativen Gestaltungsideen – und über Hürden.
Einig war sich die Runde: vom Erdgeschoss bis zum Dach sollten alle Flächen mitgedacht werden, wenn es um Stadtgestaltung geht. Petar Drakul verwies darauf, dass die Gestaltungsmöglichkeiten der Dächer noch viel Potenzial enthielten, während ebenerdig die Innenstadt eher das große Thema der Entsiegelung habe. Er erläuterte dazu kurz die Ansätze von FutuRaum, den Blick auf die gesamte Innenstadt und das Konzept der Kollaboration. „Wir wollen verschiedene Akteure zusammenbringen, die ihre kreative Kraft in eine lebenswerte Innenstadt einbringen. Das geht nur im Miteinander und bringt so nachhaltige Erfolge für alle.“
Den Austausch fortsetzen
Dieringer sagte, dass Dächer, die früher mal als „fünfte Ansicht“ bezeichnet worden seien, heute mehr sein müssten. „Sie brauchen eine Funktion.“ „Wir haben großes Interesse, dass es der Stadt gutgeht“, sagte Loos. Die Bereitschaft, offen zu denken sei bei City-Net groß. Man müsse aber auch sehen, dass die Eigentümer eine heterogene Gruppe sind, die vom Wert einer Dachnutzung überzeugt sein müssen bevor sie investieren. Auch Marcel Hauptenbuchner, der an vielen seiner Immobilien Fassadenbegrünung umgesetzt hat, schloss sich dem an: „Die Idee ist Klasse!“ Der Dreh- und Angelpunkt seien eine höhere Attraktivität und Wirtschaftlichkeit, vor allem aber einfachere und schnellere Genehmigungswege.
Verwaltungshürden, lange Genehmigungswege und eine schwierige Kommunikation zwischen Fach-Sprechenden und Antragstellenden, dies waren am Schluss der Diskussion kritische Punkte, immerhin mit einer ersten Lösung. Katrien Ligt, als die erfahrenste Dachspezialistin, wurde gebeten, ihre Erfahrungen und dokumentierten Vorgehensweisen mit dem Kreis zu teilen. Denn nicht bei allem muss das Rad neu erfunden werden, bei allen Unterschieden zwischen Rotterdam, Chemnitz und Mannheim. Der Austausch soll fortgesetzt werden.
Der Abend klang aus mit einem musikalischem Programm, dem Jil Pappert Trio.
Noch bis 29. September gibt es ein breites Festival-Programm. Das Programm als Übersicht gibt es hier auch zum Downloaden.
Ein Interview mit Maximilian Frey über Chancen von Zwischennutzungen und von STARTRAUM gibt es hier.
Außerdem Live auf Instagram
Den Bericht zum Workshop über Perspektiven von STARTRAUM gibt es hier