Stimmige Außengestaltung – Mehr als nur eine Geschmacksfrage

Handel und Wandel. Das waren in Mannheim schon immer die prägenden Elemente. Das Oberzentrum des Handels in der Rhein-Neckar-Region verteidigt bis heute diesen Status. Ein stimmiger Stil und optisch ansprechende Geschäfte und Hausfassaden und Gebäude-Ensembles sind seit jeher ein Thema von Fachleuten der Stadtverwaltung, von Architekten, von Konsumenten. Wer mit den Fachleuten Malte Klöckner (Denkmalschutz), Steffen Schumann (Baurecht), Harald Thiele (Stadtgestaltung) und Penelope Wasylyk (Wirtschaftsförderung) unterwegs ist, lernt dies. Auch lernt er viel über die Schwierigkeit, Außenwerbung im Zaum zu halten, dem Denkmalschutz auch in der naheliegenden Umgebung gerecht zu werden und darüber, wo es gute Beispiele und auch schlechte gibt, wenn es um die Stimmigkeit der Werbeschilder mit den Häusern und ihrer Umgebung geht.

Mit Start am Marktplatz stechen das Alte Rathaus ins Auge und der Marktplatz-Brunnen. Sie sind Denkmale. Der Marktplatz ein historischer Ort. Das Rathaus gilt als das älteste Gebäude der Innenstadt und wurde nach der Zerstörung im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 auf Betreiben des Kurfürsten Johann Wilhelm wieder aufgebaut. Der Marktplatzbrunnen stand ab 1763 zunächst in der Orangerie des Schwetzinger Schlossgartens. Zum 25-jährigen Regierungsjubiläum der Stadt Mannheim schenkte Carl-Theodor das Denkmal der Stadt.

Der Marktplatzbrunnen, ein Denkmal.
Blick auf den Stadtplan: links Malte Klöckner, rechts Harald Thiele.
Startpunkt Marktplatz. von links: Malte Klöckner, Harald Thiele, Penelope Wasylyk und Steffen Schumann.

Klare regeln für den Denkmalschutz

Stimmige Fassadengestaltung, vom Erdgeschoss bis zum Obergeschoss.
Motel One am Paradeplatz: Dem Gebäude angepasste Werbung über dem Eingang.
Billig beklebt und überfrachtet. Eines der unschönen Beispiele.

Auch die Frage des persönlichen Geschmacks sei eine schwierige, ergänzt Harald Thiele (Außengestaltung), der gerade in seinem Bereich mit den Kolleg*innen an einer Leitlinie arbeitet, die einen definierten Rahmen enthalten wird, was Werbung leisten kann, wie sie aussehen sollte, wo sie das Straßenbild eher verschandelt und am Ende auch die Kunden erschlägt. Grundsätzlich sei es Pflicht, dass bevor ein neuer Anbieter einzieht, auch die Fragen der Außengestaltung mit den städtischen Mitarbeitenden geklärt werden. „Wir bieten gerne Beratung an“, sagt Thiele. „Das nehmen leider nicht alle wahr.“

Überhaupt zeigt sich beim weiteren Gang entlang der Geschäftsmeile in der Breiten Straße: „Weniger wäre manchmal mehr.“ Der Handyladen an der Ecke Marktplatz, zugepflastert mit Handymodellen, mit einem winkenden Luftgesellen, der Kundschaft locken soll oder auch die überbordenden Kleiderständer auf der gegenüberliegenden Seite, mit überdimensionierten  Werbeschildern, fraglich ist, ob das wirklich Kunden anspricht. Auch die bis weit in den Gehweg ragenden und Raum einnehmenden Außenpräsentationen sind eigentlich unerwünscht.

Es geht auch anders. Ein gutes Beispiel ist das Haus in H1, 4. Dort verweist Klöckner auf Kontinuität vom Erdgeschoss bis ins Obergeschoss, stimmige an die Gesamtfassade angelehnte Farben, den Sockel unterhalb der Schaufenster, der die Struktur des Gebäudes betont. Auch der Firmenname des Geschäfts Karaca über dem Eingang „ist dort, wo er hingehört“. Wenn die Fassade stimmt, ist erfahrungsgemäß meist auch die Werbung in Ordnung“, sagt Klöckner.  

Hauseigentümer sollten mit unterstützen

In solchen Fällen sind meist die Hauseigentümer diejenigen, die eine stimmige Optik mit unterstützen. „Wir würden uns wünschen, dass sich Hauseigentümer stärker darum kümmern, dass ihre Immobilie auch im Erdgeschoss, wo die Geschäfte werben, das Erscheinungsbild ansprechend ist.
Schließlich äußert die Runde aber auch Verständnis für das Bedürfnis, vielfältig und kreativ zu werben. Jedoch weniger dafür, dass neuzugezogene Geschäftsinhaber mit ihrer Werbung den Nachbarn an Größe und Penetranz übertreffen wollen. Es gibt eben auch viele schlechte Beispiele. „Wir suchen immer wieder das Gespräch und setzen auf Fingerspitzengefühl“, sagt Penelope Wasylyk. Das bestätigt auch Steffen Schumann. Wenn Rückbauverfügungen erlassen werden, sei dies erfahrungsgemäß sehr aufwändig und langwierig.

Markant und wirksam, das gelinge oft den größeren Konzernen, die wissen wie Marketing gut funktioniert: eine einprägsame Marke und klare Botschaft. Wenn sich die dann noch ins Stadtbild und die Gebäudeumgebung integriert, ist das das, was sich die Fachleute wünschen. Ein gutes Beispiel wird noch erwähnt: Der Eingang des Motel One am ehemaligen Postgebäude am Paradeplatz: gut sichtbar, der Fassade in Stil und Farbe angepasst.

Eine Freude das Haus in H1, 4 anzuschauen.
EInes der ältesten Mannheimer Gebäude: das Rathaus am Marktplatz
Von links: Harald Thiele, Penelope Wasylyk, Malte Klöckner und Steffen Schumann.

Der Stadtgänger hat etwas gelernt, warum an manchen Stellen ein Störgefühl entsteht, an anderen eher eine angenehme Optik erlebt. Die Leitlinie zur Außenwerbung, angelehnt an die von Stuttgart, soll in diesem Jahr fertig werden und auch das Thema LED-Leuchten aufgreifen.