Die besonderen Ecken der Innenstadt gemeinsam erkunden

Die Stadt auf Rundgängen und zu Fuß erkunden, ist die beste Art, die Stadt kennenzulernen. Petar Drakul, Leiter von FutuRaum und Innenstadtbeauftragter, hatte  Vertreter*innen der verschiedenen Interessengruppen aus der Innenstadt, des Quartiermanagements, des Bezirksbeirats, der Bürgervereine, von Handel , Gastro und des Eigentümernetzwerks City-Net e.V. sowie der Verwaltung zu einem besonderen Rundgang eingeladen. Es ging um Innenstadt-Plätze, die es verdienen, einladender gestaltet zu werden. Start war vor dem Eingang des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit (ZI), anschließend der im Volksmund genannte Murnauplatz, die Einfahrt aus Richtung Marktplatz in die kleine Straße G2/H2, der Marktplatz, die Passage vor dem Geschäft von Koffer-Weber (P4/P5) und schließlich der Parkplatz M4.

Oben im Bild von links: Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg (ZI), Andreas Hilgenstock (City -Net e.V.), Petar Drakul (Leiter FutuRaum) und Dr. Malte Zimdahl (ZI). Bild unten links: Jan Eric Rauch, Stadtverwaltung.
Links: Die Gruppe traf sich vor dem Haupteingang des ZI.
Bildmitte: Altes Gebäude des ZI.
Der Neubau des ZI soll bis im Herbst fertig werden.

ZI plant Grün und einladende Architektur

Das ZI steht mitten in der Modernisierung. Der Neubau in Nachbarschaft des Bestandsgebäudes aus den 70er Jahren soll im Herbst 2025 fertig werden. „Das diesjährige 50-jährige Jubiläum und die damit verbundene Erweiterung des Instituts sind für uns eine Gelegenheit, die enge Verbindung mit der Stadt auch architektonisch noch einmal zu unterstreichen“, erklärte der Direktor des ZI, Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg, der Gruppe. Er erinnerte daran, dass das Konzept der Öffnung ins Quartier nicht immer unumstritten gewesen sei. Dennoch sei bereits der ZI-Gründer Heinz Häfner überzeugt gewesen, dass dies helfe, die Stigmatisierung psychisch Kranker abzubauen. Der Name des Platzes trägt inzwischen auch den Namen des Gründers und ersten Direktors des ZI, „Heinz-Häfner-Platz“. Bei der Gestaltung des Gebäudeensembles und des Vorplatzes möchte das ZI zudem die Einladungskultur mit Grünpflanzen unterstreichen. Grün helfe erwiesenermaßen gerade psychisch kranken Menschen besser durchzuatmen und zu gesunden. Zudem schafft es Wohlbefinden in der Hitze der Innenstadt für alle, die sich vor dem ZI gerne aufhalten, zeigten sich die Teilnehmenden überzeugt.

Derzeit – so erklärten Prof. Meyer-Lindenberg und sein Referent Dr. Malte Zimdahl – plane man eine Fassadenbegrünung des Therapiegebäudes. Die ursprüngliche Variante mit Balkonkübeln stelle dabei eine Herausforderung für die Statik des Gebäudes dar. Beide dankten für die Tipps, die aus der Gruppe kamen, zu weiteren Möglichkeiten der Fassadenbegrünung wie kletternde Pflanzen oder generell Fassadenbegrünung. Am Neubau ist ein offener Cafeteria-Bereich vorgesehen, der ebenfalls auf den Platz reichen wird. Dieser soll einladend für alle sein – gleichzeitig müsse natürlich darauf geachtet werden, dass er nicht zum Konsum von Drogen missbraucht würde. ,
Drakul regte an, Zivilgesellschaft und Innenstadtwirtschaft in den Prozess einzubinden, wovon alle profitieren würden. Alle würden das Ziel teilen, diesen zentralen und viele Möglichkeiten bietenden Platz im Zuge des Umbaus jetzt zu einem angenehmen Aufenthaltsort zu verhelfen.

Stadtgestalterische Chance Murnauplatz, I4

In der Nachbarschaft, einige 100 Meter weiter, eröffnen sich weitere stadtgestalterische Chancen für den mit Platanen bepflanzen Murnau-Platz. Der Platz – so lobten alle – ist ein kleines Juwel inmitten der Stadt im Quadrat I4 Wohngebäude und ein inzwischen leerstehendes Gastro-Gebäude und ein Spielsalon, vis à vis, prägen das Bild. Hier entwickelten sich in der Gruppe schnell Fantasien, was auf dem Platz alles geboten werden könnte: Spielgeräte, eine Gastro mit Picknick-Angeboten und Getränken, eine Tischtennisplatte, Bänke und Tische zum Verweilen: „Mehr Aufenthaltsqualität hat der ansprechende Platz auf jeden Fall verdient“, so die Meinung. Der Vorschlag war, als nächstes die Kinobesitzer von Atlantis und Cinema Quadrat sowie die Betreiber der anliegenden Gastronomie wie beispielsweise die der Spaghettioper anzusprechen, was zur Belebung des Platzes gemeinsam getan werden kann. Dies auch, weil nach den Aussagen eines Mitarbeiters vom Stadtraumservice derzeit zwar noch keine Nutzung entschieden sei. Jedoch unter anderem überlegt werde, den Murnauplatz für die Baustelleinrichtung für die Neugestaltung des Swansea-Platzes zu nutzen. „Dafür sollten andere Flächen dienen“, so die Gruppenmeinung.

Einer der wenigen Innenstadt-Plätze, wo die Platanen angenehmen Schatten spenden: der Murnau-Platz

Nächste Station war die Straße in G2/H2, die an diesem Nachmittag recht belebt war. Dort – so erläuterte ein Stadtplaner – gebe es Überlegungen, das kurze Stück zu einer Fußgängerzone umzuwidmen. Allerdings entfielen dann die Lieferparkplätze. Anwesende örtliche Geschäftsinhaber unterstützten dies im Gespräch, da die in den Parkbuchten abgestellten Fahrzeuge keine Lieferanten seien.

Lärmpegel-Messungen geplant

Am Marktplatz, dem nächsten Stopp, wurde die Diskussion wieder recht lebhaft. Der Platz und sein Umfeld sind nicht nur aufgrund der langen Staus in der Marktstraße inzwischen fest im Blickpunkt von Anrainern und Öffentlichkeit. Drakul erwähnte die geplanten Lärmpegelmessungen von Wohnungen aus, um Maßnahmen gegen Huper und Poser ergreifen zu können und um die Bewohner zu schützen. Daraus könnten mögliche Umleitungen in den Abend- und Nachtstunden erfolgen. Bei allen Modellen, den Verkehr aus dem Marktplatzumfeld zu verdrängen, „wollen wir natürlich keine Verdrängungseffekte in die benachbarten bewohnten Straßen.“

Konkret sind zudem inzwischen Ideen, den Marktplatz für mehr Menschen als Mittelpunkt der Stadt zu öffnen. Seit langem werden der Marktplatz außerhalb der Markttage und die Entwicklung des Umfelds fest in kulinarisch türkischer Hand auch kritisch gesehen, da die Angebote zu einseitig seien. Der Charakter des Marktplatzes und seine Einladungskultur als ein Zentrum der Stadt wird auch in der City Factory als Schlüssel für die Nachbarstraßen, vor allem die Breite Straße gesehen. Drakul bat Marcel Hauptenbuchner einige der Ideen vorzustellen, die derzeit gemeinsam mit FutuRaum und der Veranstaltungen – Tourismus – Marketing: Mannheim erleben GmbH (VTM) geprüft werden.

Miteinander in der Vielfalt

Ziel sei es, so Hauptenbuchner, wieder mehr Vielfalt zu schaffen. Ziel sei es auch, wieder mehr Besucher aus allen Stadtteilen und Bevölkerungsschichten für den Marktplatz zu begeistern. Dies gelinge derzeit nur an den Markttagen. Ein Winzerangebot, wo sich Menschen gemütlich aufhalten können, vielleicht Angebote zum Verweilen, ein wenig „Wohnzimmer-Atmosphäre“ in weniger Abgasen oder Grillrauch, das sind die Wünsche für den Marktplatz. Zwei After-Work-Abende donnerstags und freitags, ein gutes Nebeneinander der Kulturen bei Essen und Trinken, das wird derzeit diskutiert. Die angedachten Angebote fanden auch bei den am Rundgang Teilnehmenden türkischen Gastrobetreibern am Marktplatz Zuspruch. „Jetzt hoffen wir alle“, so Drakul, „dass die rechtlichen Fragen schnell geklärt werden.“

Wolfgang Ockert, Bürgerverein östliche Innenstadt, beschreibt das Verkehrsdilemma rund um den Marktplatz.
Den Marktplatz mehr beleben: ein Wunsch der Gruppe. Marcel Hauptenbuchner, City-Net e.V., stellt Ideen vor.
Auf dem Weg zum Marktplatz.

In der Seitenstraße P4/P5 und vor Koffer Weber kommt eine ganz neue städtegestalterische Idee ins Spiel. Dort haben sich drei Eigentümer bereit erklärt, einen grünen Baldachin über die Passage zu spannen und dies finanziell zu unterstützen. Antonio Platero Weber, an dessen Fassade, bereits Rankpflanzen wachsen, erläuterte: es seien unter dem Boden der Passage so viele Leitungen verlegt, die es unmöglich machten, in der Passage Bäume zu pflanzen. Deshalb sei die Idee aufgekommen, ein grünes Netz über die Passage zu spannen. Beispiele gibt es in anderen Städten. „Zu Möglichkeiten, zu Statik und anderen Fragen hat es bereits mehrere Treffen gegeben, die jetzt fortgesetzt werden. Ein Planungsbüro prüft eine konkrete Umsetzung“, erläuterte Petar Drakul.

Eigentümer der Stichstraße können sich einen grünen Baldachin vorstellen hier in P4/P5.
Am schönen (Park)platz in M4 a. Petar Drakul. Mehr Aufenthaltsqualität für die Menschen schaffen.

Das Rundgang-Ende erfolgte in M4a, einer Fläche, die auch Oberbürgermeister Christian Specht immer wieder ins Spiel bringt. Der Parkplatz, vornehmlich genutzt von  Kurzzeitparkern, hat ebenfalls einen schönen Baumbestand. Auch dieser Platz könnte zu einem Platz mit Aufenthaltsqualität werden, mit Grün, mit Sitzgelegenheiten. Auch die Straße in M 4,13-10, die  wichtige keine Zubringerfunktion erfüllt, wird als für den Durchgangsverkehr gesperrte Zone  mitgedacht und nun von der Stadtplanung geprüft.

Beim Rundgang ging es viel um Wünsche, um Konjunktive und offene Fragen, und dennoch setzten alle auf neue Entwicklungen. „Wir haben heute viele Beispiele gesehen, wie viele Chancen es in der Innenstadt gibt, diese attraktiver zu machen. Und wir haben gesehen, dass Verwaltung, Zivilgesellschaft und Innenstadtwirtschaft gemeinsam auf den öffentlichen Raum schauen und  konkrete Ideen entwickeln können, verabschiedete sich Drakul von der Gruppe. „Ich hoffe, dass wir in einigen Fällen nun zu sichtbaren Schritten kommen.“